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KUNSTPALAST

Düsseldorf 2019

Umfassende Sanierung und neuer Sammlungsrundgang

Von Wilhelm Kreis nach umfangreichen, bis in die Zeit vor dem 1. Weltkrieg zurückreichenden Planungen 1925/1926 innerhalb von weniger als einem Jahr errichtet, ist der Ehrenhof Teil der sogenannten Dauerbauten der Ausstellung „Gesolei“, Gesundheitspflege, soziale Fürsorge und Leibesübungen. 

 

Dauerbauten und temporäre Ausstellung waren darauf ausgelegt, ein umfassendes Panorama der kulturellen Leistungen von den hohen Kunstgattungen über die Präsentation technischer Innovationen bis zur Unterhaltungskultur zu präsentieren.

Die Anlage der Dauerbauten gilt als eines der größten und anspruchsvollsten Repräsentationsensembles der Weimarer Republik. Sie besteht aus 

 

dem Planetarium - der heutigen Tonhalle, dem Reichsmuseum für Gesellschafts- und Wirtschaftskunde - heute NRW-Forum, sowie zwei sich gegenüberstehenden Museumsbauten: Im Westen, zum Rhein hin gelegen das Kunstmuseum, der „Neubau“ von 1926. 

Im Osten, der Kunstpalast, der auf einen älteren, neobarocken Bau zurückging. Dieser, aus der Jahrhundertwende stammende und bereits damals als „Kunst-Palast“ bezeichnete Bau erhielt im Rahmen des Bauprogramms der Gesolei eine neue Fassade, wurde im Inneren erheblich verändert und auf diese Art und Weise in das Gesamtensemble integriert.

Zum Rheinufer hin wird die Anlage durch das Großrestaurant Rheinterrassen ergänzt. 

 

Die beiden sich gegenüberstehenden Museen Kunstpalast und Kunstmuseum wurden im Norden durch einen Querriegel verbunden, der mit dem Motiv eines Triumphbogens den Auftakt und Eingang zum Ausstellungsgelände der Gesolei bildete, das sich über 2 Kilometer ungefähr bis zur heutigen Position der Theodor-Heuss-Brücke erstreckte. 

 

Im Gegensatz zu der historisierenden Museumsarchitektur der vorausgegangenen 150 Jahre gilt Kreis' Kunstmuseum als das bis dahin modernste Museumsgebäude und als Wegbereiter der klassischen Moderne im Museumsbau: Die langgestreckten, durch Stützen gegliederten Museumsräume strahlen eine für Kulturbauten bis dahin nicht übliche Nüchternheit aus. Wie im modernen Bürobau ist der Grundriss flexibel teilbar. Von Zeitzeugen wurden die Räume als eher an eine Fabrikhalle als ein Museum erinnernd beschrieben. Im 1. Obergeschoss wurden die Ausstellungs-bereiche dann auch durch Oberlichter belichtet, deren Konstruktion tatsächlich dem Fabrikbau entstammt.

 

Aus den beiden sich gegenüberstehenden Museen wurde spätestens mit dem Umbau durch Helmut Hentrich in den 1980er Jahren ein zusammengehörendes Haus. Der bis dahin offene Triumphbogen im Nordflügel erhielt erstmalig im 1. und mit dem im Zuge dieser Baumaßnahme ebenfalls neu hinzugekommenen 2. Obergeschoss eine Fassade, sodass die beiden Häuser jetzt unter einem Namen verbunden waren. Das mit dem Abriss des, hinter der Kreisschen Fassade bis dahin immer noch erhaltenen, ursprünglichen Kunstpalastes im Osten und dem folgenden Neubau durch Ungers in den frühen Nuller Jahren zwischen dem Ausstellungsflügel im Osten und dem Sammlungsflügel im Westen entstandene Ungleichgewicht im Ausbau wurde durch die Tatsache, dass große Bereiche des Sammlungsflügels wegen Wasserschäden und statischer Probleme nicht mehr für die Öffentlichkeit zugänglich waren noch verschärft. Mit der zusätzlichen Orientierung des neuen Ausstellungsflügels im unteren Foyer nach Osten und der in Teilen wieder zurückgebauten Verbindung zwischen Sammlung und Wechselausstellung waren die beiden Flügel des Hauses in der Wahrnehmung nicht mehr als Einheit präsent. 

 

Mit dem Beginn der Planungen für den neuen Kunstpalast im Jahr 2017 hatten wir das Ziel vor Augen, das Haus mit seinen unterschiedlichen Bereichen Sammlung, Wechselausstellung, Gastronomie, Robert-Schumann-Saal, Verwaltung, Palast-Studio etc. wieder als eine zusammengehörende Institution wahrnehmbar zu machen deren unterschiedliche Aktivitäten den Ehrenhof zu einem belebten urbanen Raum machen. Die genannten Bereiche sollten einen angemessenen Ort innerhalb des Gebäudes finden. Die räumliche Qualität des Ehrenhofs sollte verbessert werden, um Museumsbesucher und zufällige Passanten gleichermaßen zum Verweilen einzuladen. Das innere Erscheinungsbild des Gebäudes sollte wieder zu einer Einheit finden, die dem Gesamtensemble angemessen ist, ohne jedoch die Spuren und Schichten der Zeit vollständig zu zerstören. Und nicht zuletzt wollten wir ein Museum bauen, das den Bürgerinnen und Bürgern der Stadt Freude bereitet, auf das sie stolz sein können. Ihr Museum, in dem es sogar einen Ort gibt, an dem sie selbst Feste feiern können.

 

In der Folge wurde zunächst der Eingang für die beiden Teile des Museums, Sammlungsrundgang und Wechselausstellungen an das gemeinsame Foyer im Ostflügel des Gebäudes gelegt. Hier, an zentraler Stelle, betritt man das Museum. Egal, ob man eine Wechselausstellung, die Sammlung oder den Robert-Schumann-Saal besuchen möchte, hier befindet sich der Eingang, die Kasse, der Museumsshop und die Garderobe. Der Rundgang beginnt und endet hier. 

 

Auf der Grundlage des durch Wilhelm Kreis vorgegebenen, in Fassade und Stützenstellung übereinstimmenden Gebäuderasters wurde die Raumfolge für den über 2 Etagen führenden Rundgang durch die Sammlung entwickelt. Kreis‘ Museumsbau folgt hier der traditionellen Typologie, die sich aus den beiden historischen Grundtypen „Galerie“ und „Wunderkammer“ oder „Studiolo“ herleitet und die, im 19. Jahrhundert festgeschrieben und entwickelt, bis heute Gültigkeit hat. Heute wie vor hundert Jahren braucht ein Museum eine Folge von einfachen Räumen, kleine und große, Säle und Kabinette, gut ausgeleuchtet und übersichtlich. 

Es ging also keinesfalls darum, gegen dieses System zu arbeiten, es aufzubrechen oder eine neue Typologie einzuführen. Die vorgegebene Struktur ist gut dimensioniert und bietet den Vorteil, dass sie Raum für zukünftige Entwicklungen lässt. Bleibt man innerhalb der strukturellen Vorgaben, hat man jede Freiheit, Räume zu verändern und damit zukünftigen Entwicklungen Rechnung zu tragen, ohne dass die Raumfolge insgesamt gestört oder in Frage gestellt wird. 

Es ging vielmehr darum, das Verhältnis der Räume zueinander in eine zeitgemäße und der konkreten Aufgabe angemessene Form zu bringen. Es ist eben keine Enfilade mit hierarchisch festgelegten Dominanten, Haupt- und Nebenachsen, sondern eine mäandrierende Folge von klar definierten Räumen unterschiedlicher Größe, die immer wieder für einen Wechsel der Blickrichtung und Perspektive sorgt und in deren Verlauf es sorgfältig inszenierte Höhepunkte gibt: Die beiden Säle mit den die Geschosse der Sammlung verbindenden neuen Wendeltreppen, die beiden Foyers und das Belvedere. Als weitere Motive kommen die Positionierung thematisch definierter Sonderräume, spezielle Kinderräume mit eigenem Maßstab und eigener Ästhetik und die gezielte Öffnung der Fassade nach außen und der Räume nach innen hinzu. Sie gibt dem Besucher innerhalb seines Weges Orientierung, öffnet Blicke in den Ehrenhof und in die mehrgeschossigen Foyers und sorgt dafür, dass die Komplexität innerhalb des Rundgangs zugleich erhöht wird. Der Sammlungsrundgang erhält einen einheitlichen, schwellenlosen Boden aus hellen Eichendielen. Alle Türen innerhalb des Rundgangs sind dauerhaft geöffnet. Die vertikale Verbindung der beiden Geschosse des Rundgangs wird durch den Einbau von 2 neuen Personenaufzügen und den beiden großen Wendeltreppen dem Gebäude angemessen.

 

Das Palast Studio liegt mit 2 großen Ateliers, Medienraum, Dunkelkammer etc. und den dazugehörenden Nebenräumen am südlichen Umkehrpunkt des Sammlungsrundgangs. Es ist der Ort, an dem Kunst, nicht nur für Schulklassen, praktisch vermittelt wird. Hier finden Workshops statt. Ein Ort des kreativen Austauschs. Im 2. Obergeschoss mit seinen Oberlichtern bekommt es, nur durch eine Glaswand von den Ausstellungsräumen getrennt, mitten im Museum Sichtbarkeit und die ihm angemessene Präsenz. Gleichzeitig ist es über Nebeneingänge barrierefrei gut von außen zu erreichen und kann so auch während möglicher Ausstellungswechsel unabhängig vom Museum weiter bespielt werden.

 

Ein zentraler Bestandteil der Maßnahme ist die neue Museumsgastronomie. War diese bisher im 1. Obergeschoss des Foyers und damit nur für Gäste erreichbar, die sich bereits im Haus befanden, wurde sie jetzt so positioniert, dass sie für jedermann, auch unabhängig von den Öffnungszeiten des Museums besucht werden kann und damit, und auch mit Ihrer neuen Außenterrasse, wesentlich zur Belebung des Ortes insgesamt beiträgt. Ebenfalls neu ist, dass das gastronomische Angebot deutlich erweitert und spezifiziert wird. Dabei können alle gastronomischen Einrichtungen einschließlich der Nebenräume barrierefrei erreicht werden.

 

Das Museumsrestaurant Anna Maria mit Öffnungszeiten von 11:00 bis 1:00 Uhr befindet sich im Erdgeschoss des Belvedere, innerhalb des früheren Tores zum Ausstellungsgelände, das mit der Nutzung als Restaurant in gewisser Hinsicht öffentlicher Raum bleibt. Es schließt den Innenhof mit schlanken, anthrazitfarbenen Stahlfenstern auf eine Art und Weise und in einem Grad, der deutlich dazu beiträgt, ihn nicht mehr in erster Linie als Durchgangsraum zu empfinden. Die Aufenthaltsqualität innerhalb des Ehrenhofes wird durch diese Maßnahme deutlich gesteigert. Dennoch bleibt der Durchgang durch die Wirkung des Restaurants nach Norden und Süden gleichzeitig offen. 

 

Das Belvedere im 1. Obergeschoss bietet einen phantastischen Blick nach Norden in Richtung Rheinufer aber vor Allem auch nach Süden über den Ehrenhof mit der dahinterliegenden Altstadt. Dieser vermutlich schönste Raum des Museums ist wahlweise Teil des Sammlungsrundgangs, kann aber ebenso aus diesem isoliert und für Feiern, Feste und Hochzeiten gemietet werden. Durch den hohen Raum führt im 2. Obergeschoss eine Brücke, über die beide Teile des Rundgangs verbunden sind.

 

Ergänzt wird diese halböffentliche gastronomische Vertikale durch das legendäre, rekonstruierte Creamcheese, das sich im 2. Obergeschoss befindet. Wie das Belvedere kann auch das Creamcheese wahlweise Teil des Sammlungsrundgangs sein oder unabhängig vom Museumsbetrieb auch außer dessen Öffnungszeiten als Bar besucht werden.

 

Im Fokus unseres Interesses stand bei diesem Projekt, den Kunstpalast als ein Gebäude begreifbar zu machen, das mit seinem Außenraum, dem Ehrenhof, in einen Dialog tritt, von dem der Ort und das Gebäude gleichermaßen profitieren. Das richtige Verhältnis zwischen vorhandener Substanz und neu hinzugefügtem zu finden. Und eine Antwort auf die Frage, nach dem Umgang mit dem, was uns frühere Generationen hinterlassen haben, und was das Gebäude für den Ort und die Allgemeinheit bedeutet und in Zukunft bedeuten kann.

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